Ein Projekt des Olympiazentrum Vorarlberg

Olympia und die Frauen

Das IOC hat mit großem Stolz verkündet, dass die Olympischen Spiele 2024 in Paris, die ersten olympischen Spiele in der Geschichte sein werden, bei denen es eine volle Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Spielfeld geben wird. Dies wurde dadurch erreicht, dass genau 50% aller Quotenplätze an weibliche bzw. männliche Athleten verteilt wurden (1). Dies ist ein wichtiger Schritt Richtung Gleichstellung im Sport, bedeutet aber lange noch nicht, dass damit sämtliche Aufgaben gelöst wären.

Nach wie vor bleibt der Sport und insbesondere der Spitzensport männerdominiert. So sind z.B. in deutschen Sportvereinen etwa 47 Prozent der Lizenzinhaber für Trainer und Übungsleiter weiblich. Allerdings nimmt der Anteil der Trainerinnen mit steigendem Leistungsniveau ab. Im Spitzensport liegt ihr Anteil bei nur 13 Prozent (2). Bei den Olympischen Spielen von Tokyo 2020 waren lediglich 13 % der Trainer*innen Frauen, bei den Winterspielen in Beijing 2022 waren es 10 % (3,4). Bei den Spielen von Paris 2024 sind im Olympic Team Austria nur ca. 14 % der Trainer*innen Frauen. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass es für Frauen schwieriger ist als Trainerinnen im Leistungsbereich Fuß zu fassen. Es erklärt zum Teil auch, warum für Athletinnen, vor allem ab der Pubertät, in der Betreuung Mankos vorhanden sind, weil oft schlicht und ergreifend ausgeblendet wird, dass Athletinnen auch (junge) Frauen sind, mit allen Chancen und Herausforderungen, die es mit sich bringt.

Auch die Sportwissenschaft hat ihren Teil dazu beigetragen, dass Frauen im Training oft schlechter betreut werden als Männer. Die meisten Studien haben bewusst Frauen ausgeschlossen, weil man dem „Problem“ Menstruationszyklus (MC) aus dem Weg gehen wollte. Mit Stand 2021 wurden lediglich 8,8 % der sportmedizinischen Studien rein mit Frauen durchgeführt, dahingegen hatten 70,7 % reine männliche Probanden (6). Im Bereich der Trainingswissenschaft sind die Zahlen ähnlich, mit einem noch niedrigeren Prozentsatz an rein weiblichen Studien (6 %) und einem höheren Prozentsatz an Studien bei denen beide Geschlechter gemischt untersucht wurden (63 %) (7). Diese Unterrepräsentation weiblicher Probanden hat dazu geführt, dass man Ergebnisse, die für Männer gelten einfach auf Frauen übertragen hat. Dies stimmt auch zum Teil aber es gibt auch Bereiche, bei denen eine Differenzierung wichtig wäre.

In den letzten Jahren wurden viele sportwissenschaftliche Studien publiziert, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem MC gewidmet haben. Ziel von einer großen Anzahl dieser Studien war es, optimale Zeitpunkte der Trainierbarkeit im Lauf des Zyklus zu identifizieren, um auf ein zyklusbasiertes Training hinzuarbeiten. Aktuelle Studien belegen aber deutlich, dass es keine generalisierbaren Unterschiede der Trainierbarkeit und Leistungsfähigkeit zwischen den Zyklusphasen gibt (8,9). Allerdings berichteten zwei Drittel der Athletinnen die an den Spielen in Tokyo teilgenommen haben, dass der MC ihre Leistung aufgrund von Symptomen beeinflusste (10). Somit musste die Forschung anerkennen, dass ein generalisierbares zyklusbasiertes Training nicht möglich ist. Auf individueller Ebene ist eine Auseinandersetzung mit dem MC aber wichtig, da Zyklusbeschwerden individuelle Muster aufweisen können, mit denen man einen Umgang finden kann bzw. im Training berücksichtigt werden können. Wie groß und wichtig diese Stellschraube ist und welche Maßnahmen ergriffen werden können, kann aber nur auf individueller Ebene entschieden werden. Aktuelle Studien zeigen z.B., dass selbst in der englischen Frauen Fußball Nationalmannschaft, ca. 61 % der Spielerinnen regelmäßig Brustschmerzen haben, welche bei 91% Besserung erfahren haben, durch eine Intervention zum Thema Brustgesundheit und Sport-BH Anpassungen (5). Daneben hat die Forschung erkannt, dass der weibliche Zyklus gerade im Sport, ein wichtiger Indikator für die generelle weibliche Gesundheit ist und frühzeitig Probleme z.B. im Belastungsmanagement und der Energiezufuhr, erkennen lässt (11–14).

Damit eine Auseinandersetzung mit diesen Themen möglich ist, braucht es informierte und handlungsfähige Athletinnen, aber auch Trainer*innen die in der Lage sind kompetent und angepasst auf ihre Athletinnen einzugehen. Dies zu ermöglichen und zu fördern, war und bleibt der Antrieb des „Female Athlete“ Projekts.

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